Kurt Simons

geboren 1923,
verheiratet,
Textilingenieur und Datenverarbeiter,
heute Rentner

Prinz Karneval 1952 und 1953

 

 

 

Wir fragten Kurt I. und Kurt II. :

Wie kam es zu Deiner Nominierung als Prinz Karneval 1952 ?

Ende Januar 1952, gut zwei Wochen vor der eigentlichen Proklamation, erschien der Vizepräsident und Schatzmeister des AKV, Willi Sauren, und sagt: "Wir stehen kurz vor der Prinzenproklamation und haben noch keinen Kandidaten. Du bist Oberehrenhut, du musst den Prinzen machen!" Das wurde dann besprochen und wir waren uns bald einig, dass ich das Amt annehme. Mein Hofstaat und ich wurden in aller Eile eingekleidet und wir waren rechtzeitig zur Proklamation bereit. Wir hatten gerade einmal 10 Tage Zeit um am
14. Februar 1952 proklamiert zu werden.

Damals gab es noch nicht das Sponsoring wie es die heutigen Prinzen kennen.

Mein Vater war AKV-Mitglied und im Senat des Vereins. Wenn man damals Prinz Karneval wurde, geschah das aus eigener Kraft. Es gab einige feststehende Kosten, für die der Prinz zuständig war. Zum Beispiel Bewirtungskosten für die bei der Proklamation anwesenden Vereinsvertreter, die Orden mussten beschafft und finanziert werden, das Prinzenfrühstück am Morgen des Rosenmontags und das Wurfmaterial gingen ebenfalls zu Lasten des Prinzen. Hinzu kamen noch diverse Nebenkosten. Man kann sagen, dass die Ausgaben für Prinz und Hofstaat auch für die Anschaffung eines damaligen Mittelklasse-Fahrzeugs gereicht hätten. Es gab damals sicherlich einige junge Männer, die sich lieber von ihren Vätern einen Sportwagen hätten kaufen lassen, als das gleiche Geld für das Prinzenamt auszugeben.

Wie viel Auftritte hatte der Prinz damals?

Vom Donnerstag vor Fettdonnerstag bis Aschermittwoch waren es etwa 20 bis 25 Auftritte. Heute hat der Prinz einige Hundert Auftritte, damals ging das alles ohne Strapazen. Wir hatten auch keine aufwendigen Aufmärsche und keine ausgefeilten Reden, dazu hatten wir die Vorbereitungszeit nicht. Wir gingen zu den Vereinen, die dem AAK angeschlossen waren und dann noch zusätzlich zur Erholungsgesellschaft und einigen Freunden.

Damals gab es neben dem Hofstaat auch schon einen Hofmarschall. Wer war damals Dein Hofmarschall?

Hofmarschall war der Elferratsherr des AKV, Josef Pirnay. Er hatte dieses Amt bereits bei Hans Achilles 1950, und vor dem Krieg im Jahr 1934 bei seinem Bruder Ludwig Pirnay und 1938 bei seinem Schwager Alfred Thelen, ausgeübt.

Wer gehörte 1952 zu Deinem Hofstaat?

Kurt Sturm, Fritz Ewig, Karl Bachmann, Gerd Lücker, Josef Schorn und Franz-Josef Lahaye. Bis auf Gerd Lücker sind alle diese Freunde bereits verstorben.

Du hattest das Glück sowohl 1952 und auch 1953 Prinz Karneval von Aachen zu sein. Wie kam es dazu?

Jacques Königstein war nach der Proklamation 1952 von der Tatsache, dass wir im Nord-West-Deutschen Rundfunk nur für die Dauer von 10 Minuten im Radio zu hören waren, enttäuscht. Er hatte gute Beziehungen zum Rundfunk, zum Leiter der Unterhaltungsabteilung. Die beiden Herren haben überlegt was man machen könnte um mehr Sendezeit für unsere Proklamation zu bekommen. Es müsse ihm, Jacques Königstein, schon etwas einfallen, was eine längere Übertragung rechtfertige. Jacques ist dann auf die Idee gekommen einen närrischen Staatsstreich zu inszenieren.
Der NWDR war einverstanden und es wurde kein neuer Prinz gesucht, sondern Helmut Meiser wurde 1953  als neuer Prinz ausgerufen. Er kam fertig eingekleidet auf die Bühne. Seine Frau regte sich dann fürchterlich auf, tat so, als sei sie nicht informiert gewesen und auch nicht damit einverstanden dass ihr Mann jetzt zum Prinz Karneval proklamiert werden soll. Die Verwirrung im Saal und bei den Hörern am Radio war natürlich groß. Niemand war vorher informiert worden. Zu allem Überfluss kam auf dem Höhepunkt der Verwirrung die Prinzengarde in den Saal marschiert. Sie trugen mich auf den Schultern und riefen: "Wir wollen unseren alten Prinzen wieder haben!"
Die ganze Sache war so geplant und brachte uns eine längere Übertragungszeit im Rundfunk. Die Rundfunkhörer und die Gäste im Saal hatten wir natürlich, wie man so sagt, veräppelt.

Gab es am Tag nach der Rundfunksendung Beschwerden von Zuhörern?

Nein, das blieb ja geheim. Erst später sickerte der wahre Hintergrund des angeblichen Eklats durch.

Heute ist es ja so, dass der Prinz im Anschluss an die Proklamation damit beschäftigt ist Orden zu verteilen. Orden gab es damals aber auch! Wie viele Orden wurden damals verteilt?

Man kalkulierte die Anzahl der benötigten Orden für die Elferräte, die Vereinsvorstände, die Honoratioren, wie Oberbürgermeister und Regierungspräsident, mit etwa 80 Stück und weitere 120 brauchte man für Freunde und Bekannte aus dem Karneval. Man kam also mit ca. 200 Orden  hin.

In Deinem Fall waren aber sowohl 1952, als auch 1953 Orden erforderlich. Es waren unterschiedliche Orden, die dennoch eine Gemeinsamkeit aufwiesen.

Ja, das stimmt! Es gab 1952 und 1953 unterschiedliche Orden, die jedoch beide ein Weberschiffchen als Gemeinsames Merkmal hatten.

Was bedeutete das Weberschiffchen?

Ich stamme aus einer alten Tuchmacher-Familie, in welcher man schon seit Jahrzehnten in diesem Beruf tätig war. Ich war Textilingenieur und das Weberschiffchen war das Berufszeichen der Tuchmacher, vergleichbar mit einem Zunftzeichen.

Du schaust auf eine lange Periode des Karnevals zurück. Der Karneval hat sich seit Deiner Regentschaft verändert. So gab damals auch noch Möhnen im Karneval. Das waren Frauen in langen schwarzen Kostümen. Sie versteckten ihre Gesichter hinter einer schwarzen Augenmaske und erschienen in der Regel in kleinen Gruppen. Heute sind diese Figuren in Aachen ganz aus dem Karneval verschwunden.

Ja an die Möhnen erinnere ich mich auch noch. Da gab es auch in der Familie Frauen, die dieses Kostüm anzogen. Diese Möhnen trieben so manchen Schabernack. Sie gingen z.B. in Gaststätten und "hauten" den Männern so einige unliebsame "Wahrheiten" um die Ohren. Dabei verstellten sie ihre Stimme und wurden oft nicht erkannt. So zogen sie von Lokal zu Lokal, vornehmlich in solche Lokale, von denen ihnen wussten, dass dort Bekannte von ihnen verkehrten. Auf diese Weise hatten die Frauen damals, besonders an Fettdonnerstag, dem Tag der Weiberfastnacht, ihren Spaß.

Über einen längeren Zeitraum betrachtet, lässt sich feststellen, das der Karneval sich verändert hat. Es gibt Phänomene die es nicht mehr gibt und die vermisst werden, andere Dinge sind neu hinzu gekommen. Möchtest Du eine Prognose wagen, wohin sich der Karneval in den nächsten Jahren entwickelt?

Der ursprüngliche Karneval, der sich zum großen Teil früher auf der Straße abspielte, bei dem die einheimische Bevölkerung aus sich heraus "Jeckerei" machte, geht immer mehr zurück. Es geht immer mehr zum organisierten Karneval mit professionellen Auftritten und einem feststehenden Programm. Es werden oft Darbietungen in einer Art präsentiert wie man sie auch vom Fernsehen kennt. Es wird immer mehr eine organisierte Schau geboten und das Spontane geht zurück. Hinzu kommt, dass kaum jemand bereit ist, sich über Wochen Notizen zu machen und an einer Rede oder Darbietung zu arbeiten. Das Publikum lässt sich unterhalten und bleibt selbst eher passiv.

   
  Wir trafen Kurt Simons bei van den Daele , im Traditionshaus "Alt Aachener Kaffeestuben".