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Wolfgang, seit
wann bist du Mitglied im Aachener Karnevalsverein e.V. (AKV) , seit
wann bist du Elferrat und seit wann bist du AKV-Präsident.
Seit
2010 bin ich Mitglied im AKV, im gleichen Jahr wurde ich Elferrat
und seit dem 30. August 2022 bin ich Präsident des Aachener
Karnevalsvereins.
Warum bist Du im
Aachener Karnevalsverein?
Ich
habe mich seit vielen Jahren in verschiedenen Vereinen engagiert,
auch im Aachener Heimattheater. Das Thema Karneval hat mich immer
interessiert. Was mich am AKV besonders gereizt hat, ist der „Orden
Wider den Tierischen Ernst“, der Anspruch, Karneval mit Politik zu
verbinden und zu zeigen, dass Karneval auch eine ernsthafte Seite
hat.
Bist Du auch in anderen Karnevalsvereinen Mitglied?
Ich bin auch Mitglied der Stadtwache Oecher Börjerwehr, der
Stadtgarde Oecher Penn und der Prinzengarde der Stadt Aachen.
Was ist die Marke
des Aachener Karnevalsvereins?
Der
AKV ist der zweitälteste Karnevalsverein in Aachen. Er pflegt seit
Jahren die Tradition des Karnevals und versucht diesen mit neuen
Elementen zu verbinden. Der AKV vertritt mit seinem „Orden wider den
tierischen Ernst“ Aachen bundesweit im Fernsehen. Er ist damit eine
Marke für Aachen! Traditionell stellt der AKV den Prinzen der Stadt
Aachen. Der Verein vertritt damit zwei Seiten des Karnevals, zum
einen das traditionelle Element, den Prinzen, und auf der anderen
Seite den politischen Karneval mit dem Höhepunkt der Verleihung des
„Orden wider den tierischen Ernst“, der seinen Ursprung auch in
Aachen hat.
Unter dem Dach
des AKV gibt es auch die Königstein-Stiftung, die das soziale
Engagement des AKV vertritt, und die Sammlung Crous, eine
stadthistorische Sammlung.
Mit
der Königstein-Stiftung liefert der AKV einen Beitrag zum sozialen
Engagement des Karnevals. Wir unterstützen Sozialeinrichtungen,
Altenheime aber auch Einzelpersonen - hauptsächlich zur
Weihnachtszeit. Die Stiftung betreibt dies konstant über die Jahre
jenseits der Öffentlichkeit. Beeinträchtigt wurde dieses persönliche
Engagement durch Kontaktbeschränkungen in der Corona-Zeit. Im Rahmen
der Flutopferhilfe haben wir uns als AKV auch zu Gunsten der Stadt
Stolberg engagiert.
Der AKV wird oft
geschmäht als ein Verein der Lackschuh-Karnevalisten. Nur wenig
bekannt ist hingegen das soziale Engagement des Vereins. Wäre es da
nicht sinnvoll, wenn dieses Engagement öffentlich bemerkt würde?
Unser
Engagement im sozialen Bereich betreiben wir gerne. Da müssen wir
aber keine große Nummer draus machen.
Zurück zur
Sammlung. Die Sammlung Crous ist im alten Kurhaus untergebracht und
der Weg zu den Schätzen aus Aachens Vergangenheit führt hinauf in
die letzte Etage. Ist damit zu rechnen, dass die Sammlung Crous
eines Tages in Räumlichkeiten untergebracht ist, die auch für ältere
Benutzer barrierefrei erreichbar sind?
Dies
ist in der Tat unser Ziel. Wir arbeiten seit Jahren daran, geeignete
Räumlichkeiten für die Sammlung Crous zu finden. Wir sind überzeugt,
dass die stadthistorische Sammlung auch Bedeutung für die Stadt
Aachen hat und sind daher bestrebt, diese Sammlung für das Publikum
besser erreichbar zu machen. Auf Wunsch der Stadt Aachen haben wir
vor einigen Jahren auch das Münzkabinett der Stadt in die Sammlung
integriert. Uns geht es darum, Räumlichkeiten zu haben, die es uns
erlauben, Bestände im Rahmen von Ausstellungen zu präsentieren, aber
auch die Räume zu nutzen für Vorträge und andere Formen der
Präsentation. Dazu haben wir in der Vergangenheit mehrere Anläufe
gemacht. Zum Beispiel mit dem Haus Löwenstein am Markt, was leider
nicht realisiert werden konnte. Ebenso scheiterte die Idee der
Unterbringung in der Barockfabrik. Zurzeit sind wir bemüht, im
Erdgeschoss des alten Kurhaus die Sammlung unterzubringen. Dieses
Projekt ist aber nur möglich mit entsprechender Unterstützung durch
die Stadt Aachen.
Was ich noch gerne zur Sammlung Crous erwähnen möchte, sind das
Buchprojekt und der Geschichtspreis. Beide liegen mir sehr am
Herzen. Die jährlich herausgegeben Bücher werfen einen etwas anderen
Blick auf die Stadt Aachen. Dies gilt auch für den Geschichtspreis,
den wir gemeinsam mit der Aachener Hochschule vergeben.
Wie steht es mit
der personellen Ausstattung der Sammlung Crous?
Dr.
Werner Pfeil wird auf jeden Fall weiterhin für die Sammlung zur
Verfügung stehen. Darüber hinaus sind wir sehr froh, eine Reihe sehr
engagierter Ehrenamtler zu haben, die diesen Schatz hervorragend
pflegen.
Ist der „Orden
wider den tierischen Ernst“, 1952 zum ersten Mal verliehen für
„Humor und Menschlichkeit im Amt“, aus der Zeit geraten? Wurden in
der Vergangenheit Politiker und Amtsträger ausgezeichnet, so
gesellen sich in den letzten Jahren auch Schauspieler unter die
Ordensritter. Wird es schwieriger geeignete Amtsträger*innen zu
finden, die sich im Sinne des Ordens ausgezeichnet haben?
In
gewissem Maße schon. Die Auszeichnung des ersten Ordensträgers,
James Arthur Dugdale, hatte auch schon eine politische Komponente.
Ich glaube, der rote Faden, an dem man sich bei der Wahl der
Kandidaten orientieren muss, ist diese politische Komponente. Die
Zeiten haben sich enorm verändert, es wird immer schwieriger,
Politiker zu finden, etwa wie Wehner oder Strauß, mit einem gewissen
Charisma, die sich trauen, etwas zu sagen. Aber gerade das mediale
Interesse und auch die sozialen Medien führen zu immer
vorsichtigeren Äußerungen der Politiker. Darunter leidet natürlich
auch der Humor. Natürlich ist es daher heute auch schwieriger
geworden Kandidaten zu finden.
Wie siehst du
denn die Zukunft des „Orden wider den tierischen Ernst“?
Naturgemäß kann man bei der Findung von Kandidaten geteilter Meinung
sein. Ganz klar ist es unser Ziel, dass der Orden als unser
Alleinstellungsmerkmal politisch ausgerichtet sein muss. Politisch
ausgerichtet sein heißt aber nicht, dass es immer ein Politiker oder
eine Politikerin sein muss, sondern es geht um eine politische
Aussage des Kandidaten.
Reden wir über
den Verein. Wie sieht es mit dem karnevalistischen Nachwuchs beim
AKV aus? Was ist mit Seiteneinsteigern? Und wie steht es mit der
Frauenquote im AKV?
Die
Ehrenhüte sind bei uns die jungen Männer ab dem 18. Lebensjahr. Sie
kommen zum Teil aus dem Kinderkarneval und finden sich immer wieder
selbst. Sie sind für uns wichtig mit Blick auf die Zukunft, in der
sie vielleicht im Verein auch Verantwortung, beispielsweise als
Elferräte oder Beiräte, übernehmen können. Im organisierten Karneval
ist die Situation der Jugendlichen natürlich so, dass es nach dem
Kinderkarneval für die heranwachsende Jugend so gut wie kein Angebot
für die weitere karnevalistische Entwicklung gibt. Hier gibt es noch
Handlungsbedarf bei den Vereinen, aber besonders auch beim
Festausschuss Aachener Karneval (AAK). Hier scheint sich aber in
Zukunft etwas zu entwickeln.
Ist der finanzielle Aspekt, ist der Beitrag, den der AKV erhebt,
für die Ehrenhüte eine Hürde?
Der Beitrag für die Ehrenhüte ist keine Hürde, denn Ehrenhüte
zahlen keine Aufnahmegebühr und nur die Hälfte des Jahresbeitrags.
Die Ehrenhüte
sind Teil des AKV. Bedeutet das, dass nicht nur junge Männer,
sondern auch junge Frauen Mitglied bei den Ehrenhüten werden
könnten?
Männer
wie Frauen können bei uns Mitglied werden. Das gilt für den Verein
und damit auch für die Ehrenhüte. Aber es gibt keine Quote. Wenn es
Frauen gibt, die sich im AKV engagieren wollen, sind Sie herzlich
willkommen. Beim AKV-Kinderkarneval sind Frauen bereits seit Jahren
ebenso engagiert wie im ACT-Team. An verschiedenen Stellen im Verein
sind weibliche Mitglieder engagiert. Wir haben nach dem Tod von
Dietmar Werner jetzt mit Sandra Braun eine Geschäftsstellenleiterin.
Wird es in
absehbarer Zeit auch eine Elferrätin geben?
Das
ist durchaus möglich und da muss man auch gegenüber den männlichen
Mitgliedern dieses Gremiums ehrlich sein. Zum Elferrat werden auch
zukünftig Mitglieder nicht ausgewählt, weil sie ein bestimmtes
Geschlecht haben, sondern weil es in diesem Gremium verschiedene
ehrenamtliche Aufgaben gibt, für die eine spezifische Eignung
Voraussetzung ist. Im Gegensatz zu früheren Zeiten sind wir heute
bestrebt, möglichst viel in Eigenleistung zu erbringen. Zum Beispiel
benötigen wir Netzwerker, Moderatoren, Kompetenz im Bereich Social
Media usw. Elferräte müssen die Bereitschaft mitbringen, zwischen
300 und 400 Stunden im Jahr ehrenamtliche Arbeit zu leisten und
schließlich muss auch das menschliche Miteinander passen.
Ich glaube es gibt Frauen, die diese Voraussetzungen erfüllen,
jedoch im Gegensatz zu den Männern, die sich und ihre Kompetenz
anbieten, noch zurückhaltend sind. Ich glaube aber, dass sich das in
Zukunft entwickeln wird. Das Frauen Mitglied im AKV werden können,
haben wir vor drei Jahren beschlossen, dazwischen liegen zwei Jahre
Pandemie.
Wo steht der AKV
in fünf Jahren?
Ich
würde den AKV gerne da sehen, dass wir den „Orden wider den
tierischen Ernst“ weiterhin etablieren. Wobei sich der Orden mit der
Zeit auch verändern und möglicherweise etwas moderner wird. Die
Veränderung ist natürlich nicht einfach, da wir im Ablauf fixe
Bausteine haben. Wir wollen weiter im Fernsehen präsent sein, wobei
man auch sehen muss, wohin sich auch die Medienlandschaft
entwickelt. Ich denke aber, dass wir weiterhin die Zusammenarbeit
mit der ARD und die gute Arbeit mit dem WDR fortsetzen können. Als
Standbein sollte die Veranstaltung weiterhin eine politische
Karnevalsveranstaltung sein und eine entsprechende Positionierung im
Programm des Fernsehens erfahren, auch was die Quote betrifft, die
ein ganz wichtiges Element für uns ist. Der Orden ist neben dem
Karlspreis und dem CHIO ein Markenzeichen für die Stadt Aachen und
wird bundesweit wahrgenommen. Die Übertragung stößt innerhalb
Deutschlands auf sehr große Resonanz. Auch wirtschaftlich trägt der
Erfolg der Ordensverleihung und der Übertragung im Fernsehen dazu
bei, dass der AKV andere Aufgaben, wie die Prinzenproklamation, die
Sammlung Crous und das soziale Engagement des Vereins in der
Königstein Stiftung, finanziell tragen kann.
Beim Programm der Festsitzung müssen wir natürlich aufgrund der
Übertragung des Fernsehens darauf achten, dass es in allen Regionen
Deutschlands ankommt und verstanden wird. Die Aachener vermissen
dann oft Aachener Flair. Da aber die Sitzung einige Tage später in
voller Länge noch einmal im Dritten ausgestrahlt wird, kommen dann
auch typische Aachener Elemente mehr zur Geltung. Da wir mit
Aachener Künstlern und Interpreten mittlerweile nicht mehr üppig
bestückt sind, wird es allerdings auch immer schwieriger, Aachener
Kräfte für das Programm zu finden. Hier würde ich mir einen
Turnaround sehr wünschen.
Der AKV ist einer
der ältesten Aachener Karnevalsvereine und mit Sicherheit auch an
der Zukunft des traditionellen Aachener Karnevals interessiert.
Welche Erwartungen hat der AKV an den Dachverband, den FestAusschuss
Aachener Karneval (AAK), wenn es darum geht, den Karneval stark für
die Zukunft zu machen?
Wir
sind Aachener, wir sind ein Aachener Karnevalsverein und wir
verstehen uns als Teil der Aachener Karnevalsfamilie und sind
natürlich auch Mitglied des AAK. Für uns hat der AAK ganz klar die
Funktion eines Dachverbandes. Der erste Aspekt des Dachverbandes ist
seine Unterstützung der Vereine bei ihren Aufgaben. Das Thema
juristische Aspekte der Vereinsführung wie auch der Komplex der
Verpflichtungen gegenüber der Künstlervertretung und der GEMA sind
Bausteine, die der AAK um noch andere Themen erweitern könnte. Diese
Serviceleistungen ist das, was ein Dachverband auch leisten muss.
Wichtig ist auch, die Jugendarbeit der Vereine zu intensivieren, zu
unterstützen und diesbezüglich zur Zusammenarbeit der Vereine zu
animieren. Was ich mir wünschen würde ist, dass wir die jährliche
Karnevalseröffnung am 11.11. zelebrieren und diesen traditionellen
Termin nicht den Kölnern überlassen.
Noch eine Frage
zum Schluss. Du erwähntest bereits, dass neben der Festsitzung auch
die Proklamation des Karnevalsprinzen eine Domäne des AKV ist. Nun
gibt es immer wieder Stimmen aus anderen Vereinen, die das Monopol
auf den Narrenherrscher in Aachen infrage stellen.
Argumentativ wird immer wieder auf Köln verwiesen, wo das
Dreigestirn aus verschiedenen Vereinen rekrutiert wird. Dies ist in
Köln so Tradition. Den AKV gibt es seit 1859 und in Aachen ist es
Tradition, dass der Prinz vom AKV gestellt wird – das ist seit dem
19. Jahrhundert so, gehört zur DNA des AKV und steht nicht zur
Disposition.
Vielen Dank
Wolfgang Hyrenbach für dieses Interview mit „karnevalinaachen.de“
und „ochealaaf.com“ |